Sicherheit von Airbagsystemen gegen Fehlauslösungen aufgrund nicht ausreichender elektromagnetischer Verträglichkeit (EMV)


Projekttitel: Sicherheit von Airbagsystemen gegen Fehlauslösungen aufgrund nicht ausreichender elektromagnetischer Verträglichkeit (EMV)  Nr. 96213.2
Auftraggeber: Eugen-Otto-Butz-Stiftung 
Mittelgeber:  
Institution: TÜV Rheinland Kraftfahrt GmbH, Institut für Verkehrssicherheit 
Kruse, R.; Trier, H.
Status: abgeschlossen 
Methode:  
Informationsquelle: Abschlussbericht 
Abstract: Problem
Ausschlaggebend für den Vorschlag zu diesem Forschungsprojekt waren Presseberichte, in denen Airbagauslösungen im normalen Fahrbetrieb - ohne dass eine crashrelevante Verzögerung vorlag - beschrieben wurden. Als Grund für die Fehlauslösungen vermutete man eine zu geringe Störfestigkeit gegen elektromagnetische Felder, die von Sendeanlagen, Hochspannungsleitungen oder Mobiltelefonen im Fahrzeug ausgehen können.


Untersuchungsziel
Ziel des Forschungsprojektes war die Untersuchung der Sicherheit von Airbagsystemen gegen Fehlauslösungen aufgrund von nicht ausreichender elektromagnetischer Verträglichkeit (EMV).


Vorgehen
Für den Test der Airbagsysteme wurden sechs Auslösegeräte von fünf renommierten Herstellern elektronischer Kfz- Komponenten ausgewählt. Dabei handelte es sich ausschließlich um zentrale Auslösegeräte neuerer Generation ohne externe Crashsensoren im Frontbereich des Fahrzeugs. Gleichartige Auslösegeräte sind in Fahrzeuge, die auf dem europäischen Markt verkauft werden, integriert. Basis der Untersuchung war die Richtlinie 95/54/EG, die seit dem 01.01.1996 gültig ist.
Die für die Untersuchung ausgewählten Airbag-Auslösegeräte wurden ausnahmslos schon vor dem Erlaß der Richtlinie 95/54/EG in Kraftfahrzeuge eingebaut. Da es zu diesem Zeitpunkt noch keine gültige EMV-Vorschrift für Kraftfahrzeuge und deren elektrische/elektronische Komponenten gab und dies auch nicht für die Typgenehmigung ausschlaggebend war, sind die Geräte nach herstellerspezifischen EMV-Prüfverfahren getestet worden. Durch diese ergänzende Untersuchung konnte nun nachgewiesen werden, inwieweit die Geräte die Grenzwerte für die Störfestigkeit nach der nun gültigen Richtlinie einhalten.


Testaufbau
Zur Durchführung der Prüfung mußten die Airbagsysteme einheitlich aufgebaut werden. Der gewählte Testaufbau entsprach dem in der Richtlinie 95/54/EG beschriebenen. Um eine Auslösung des Airbags ohne Airbagmodul sicher erfassen zu können, wurde eine Meßtechnik entwickelt, mit deren Hilfe der Spannungsverlauf an den Zündausgängen des zu untersuchenden Auslösegerätes überwacht werden konnte. Der Messtechnikaufbau bestand aus einer Lichtwellenleitermessstrecke mit Sender- und Empfängereinheit und einem Überwachungsrechner außerhalb der Absorberkammer. Ein anstehender Zündimpuls am Auslösegerät konnte über die Lichtwellenleiterverbindung erfaßt, auf dem Überwachungsrechner aufgezeichnet und akustisch gemeldet werden.


Ergebnisse
Alle geprüften elektronischen Airbagauslösegeräte arbeiteten unter der elektromagnetischen Störbeeinflussung normal. Eine Fehlauslösung während der Prüfung in dem vorgegebenen Frequenzbereich von 20 - 1000 MHz und einer Feldstärke von 30 V/m konnte nicht festgestellt werden. Die Geräte arbeiteten bei einem nicht crashrelevanten Verzögerungssignal bestimmungsgemäß.


Diskussion und Schlussfolgerungen
Ziel des Forschungsprojektes war es nicht, die Auslösegeräte besonders hohen Feldstärken auszusetzen oder eine Prüfung in nicht relevanten Frequenzbereichen vorzunehmen. Für eine derartige Prüfung besteht z. Zt. keine gesetzliche Prüfgrundlage, was eine Anfechtbarkeit der Ergebnisse zur Folge haben könnte. Tatsache ist jedoch, dass bei eigenen durchgeführten Messungen direkt an der Antenne eines Mobiltelefons Feldstärken von bis zu 80 V/m gemessen wurden. Bei solch hohen Feldstärkewerten direkt an der Antenne kann es zu höheren als den gesetzlich festgeschriebenen Mindestwerten für die Störfestigkeit der Elektronik im Fahrzeug kommen. Ein Beispiel dafür wäre der
Betrieb von einem Mobiltelefon ohne Außenantenne im Fahrzeug.
Bei der zunehmend elektromagnetisch verseuchten Umwelt ist es daher erforderlich, die Feldstärkewerte in der Richtlinie entsprechend zu erhöhen. Ein Richtwert für die Feldstärke bei einer Änderung der Richtlinie 95/54/EG sollte 100 V/m sein.
Eine weitere Forderung, die in der Richtlinie 95/54/EG nur am Rande behandelt wird, ist die Prüfung leistungsgebundener Störungen. Diese Art der Störungen kann von Komponenten wie der Lichtmaschine, Elektromotoren, Schaltern, Relais usw. ausgehen. Die dort produzierten Störungen breiten sich über den Kabelbaum im Fahrzeug aus und können andere elektronische Komponenten in ihrer Funktion beeinflussen. Diese Art der Störbeeinflussung ist ebenso wichtig wie die Beeinflussung durch gestrahlte elektromagnetische Felder und wird durch den Erlaß der Richtlinie zur Prüfung dem Hersteller überlassen.
Für eine Änderung der Richtlinie 95/54/EG und damit den gesetzlichen Anforderungen wäre eine erhöhte Feldstärke für die Störbeeinflussung durch elektromagnetische Felder von 100 V/m sowie die vorgeschriebene Prüfung der leitungsgebundenen Störfestigkeit ein weiterer Schritt zur Steigerung der Fahrzeugsicherheit.