Sicherheit von Airbagsystemen gegen Fehlauslösungen aufgrund nicht ausreichender elektromagnetischer

Kurzfassung

Ausschlaggebend für den Vorschlag zu diesem Forschungsprojekt waren Presseberichte, in denen Airbagauslösungen im normalen Fahrbetrieb, ohne daß eine crashrelevante Verzögerung vorlag, beschrieben wurden. Als ein Grund für die Fehlauslösungen vermutete man eine zu geringe Störfestigkeit gegen elektromagnetische Felder, die von Sendeanlagen, Hochspannungsleitungen oder Mobiltelefonen im Fahrzeug ausgehen können.
Somit wurde als Ziel dieses Forschungsprojektes die Untersuchung der Sicherheit von Airbagsystemen gegen Fehlauslösungen aufgrund von nicht ausreichender elektromagnetischer Verträglichkeit (EMV) definiert.
Für den Test der Airbagsysteme stellten renommierte Hersteller von elektronischen Kfz-Komponenten Auslösegeräte zur Verfügung. Dabei handelte es sich ausschließlich um zentrale Auslösegeräte neuerer Generation ohne externe Crashsensoren im Frontbereich des Fahrzeugs. Untersucht wurden insgesamt sechs Geräte von fünf verschiedenen Herstellern. Gleichartige Auslösegeräte sind in Fahrzeugen, die auf dem europäischen Markt verkauft werden, integriert.
Ais Basis für die Untersuchung wurde die Richtlinie 95/54/EG gewählt, die seit dem 01.01.1996 gültig ist. Diese neue EMV-Vorschrift für Kraftfahrzeuge ist aus der Richtlinie 72/245/EWG vom 20.06.1970 entstanden. Diese erste gültige Richtlinie befaßte sich im wesentlichen nur mit Funkentstörung von Kraftfahrzeugmotoren mit Fremdzündung. Die daraus entstandene neue Richtlinie dagegen gibt genaue Prüfverfahren und Grenzwerte für die EMV von Kraftfahrzeugen und elektrischen/elektronischen Komponenten in Kraftfahrzeugen an. Da es sich bei der Richtlinie um eine aktuell gültige Bestimmung für ganz Europa handelt, ohne deren Erfüllung ein Fahrzeug nicht zum Straßenverkehr zugelassen wird, wurde diese als Basis für die Minimalanforderungen herangezogen.
Die für die Untersuchung ausgewählten Airbag-Auslösegeräte wurden ausnahmslos schon vor dem Erlaß der Richtlinie 95/54/EG in Kraftfahrzeuge eingebaut. Da es zu diesem Zeitpunkt noch keine gültige EMV-Vorschrift für Kraftfahrzeuge und deren elektrische/elektronische Komponenten gab und dies auch nicht für die Typgenehmigung ausschlaggebend war, sind die Geräte nach herstellerspezifischen EMV-Prüfverfahren getestet worden. Durch diese ergänzende Untersuchung konnte nun nachgewiesen werden, inwieweit die Geräte die Grenzwerte für die Störfestigkeit nach der nun gültigen Richtlinie einhalten.
Zur Durchführung der Prüfung mußten die Airbagsysteme einheitlich aufgebaut werden. Der gewählte Testaufbau entsprach dem in der Richtlinie 95/54/EG beschriebenen.
Um eine Auslösung des Airbags ohne Airbagmodul sicher erfassen zu können, wurde eine Meßtechnik entwickelt, mit deren Hilfe der Spannungsverlauf an den Zündausgängen des zu untersuchenden Auslösegerätes überwacht werden konnte. Der Meßtechnikaufbau bestand aus einer Lichtwellenleitermeßstrecke mit Sender- und Empfängereinheit und einem Überwachungsrechner außerhalb der Absorberkammer. Ein anstehender Zündimpuls am Auslösegerät konnte über die Lichtwellenleiterverbindung erfaßt, auf dem Überwachungsrechner aufgezeichnet und akustisch gemeldet werden.
Alle geprüften elektronischen Airbagauslösegeräte arbeiteten unter der elektromagnetischen Störbeeinflussung normal. Eine Fehlauslösung während der Prüfung in dem vorgegebenen Frequenzbereich von 20 - 1000 MHz und einer Feldstärke von 30 V/m konnte nicht festgestellt werden. Die Geräte arbeiteten bei einem nicht crashrelevanten Verzögerungssignal bestimmungsgemäß.
Ziel dieses Forschungsprojektes war es nicht, die Auslösegeräte besonders hohen Feldstärken auszusetzen oder eine Prüfung in nicht relevanten Frequenzbereichen vorzunehmen. Für eine derartige Prüfung besteht z. Zt. keine gesetzliche Prüfgrundlage, was eine Anfechtbarkeit der Ergebnisse zur Folge haben könnte. Tatsache hingegen ist, daß bei eigenen durchgeführten Messungen direkt an der Antenne eines Mobiltelefons Feldstärken von bis zu 80 V/m gemessen wurden. Bei solch hohen Feldstärkewerten direkt an der Antenne, kann es dann auch zu höheren als den gesetzlich festgeschriebenen Mindestwerten für die Störfestigkeit der Elektronik im Fahrzeug kommen. Ein Beispiel dafür wäre der Betrieb von einem Mobiltelefon ohne Außenantenne im Fahrzeug.
Bei der zunehmend elektromagnetisch verseuchten Umwelt ist es daher erforderlich, die Feldstärkewerte in der Richtlinie entsprechend zu erhöhen, auch wenn die Hersteller einräumen, daß firmenintern mit höheren als den gesetzlich vorgeschriebenen Störfestigkeitswerten geprüft wird. Ob dies für alle Hersteller Gültigkeit hat, oder ob durch den Kostendruck in Zukunft auch der Rotstift bei solchen Untersuchungen angesetzt wird, indem mit geringerem Aufwand an Verstärkertechnik die gesetzlich geforderten Mindestwerte erfüllt werden, sei dahingestellt. Ein Richtwert für die Feldstärke bei einer Änderung der Richtlinie 95/54/EG sollte 100 V/m sein.
Eine weitere Forderung, die in der Richtlinie 95/54/EG nur am Rande behandelt wird, ist die Prüfung leistungsgebundener Störungen. Diese Art der Störungen kann von Komponenten wie der Lichtmaschine, Elektromotoren, Schaltern, Relais usw. ausgehen. Die dort produzierten Störungen breiten sich über den Kabelbaum im Fahrzeug aus und können andere elektronische Komponenten in ihrer Funktion beeinflussen. Diese Art der Störbeeinflussung ist ebenso wichtig wie die Beeinflussung durch gestrahlte elektromagnetische Felder und wird durch den Erlaß der Richtlinie zur Prüfung dem Hersteller überlassen.
Für eine Änderung der Richtlinie 95/54/EG und damit den gesetzlichen Anforderungen wäre eine erhöhte Feldstärke für die Störbeeinflussung durch elektromagnetische Felder von 100 V/m sowie die vorgeschriebene Prüfung der leitungsgebundenen Störfestigkeit ein weiterer Schritt zur Steigerung der Fahrzeugsicherheit.